Wir verlassen das spirituell angehauchte Städtchen Sedona ohne eine höhere Bewusstseinsebene erreicht, ein Auraphoto von uns gemacht oder dem Ufo Center einen Besuch abgestattet zu haben. Unsere Reise führt uns entlang des Oak Creek Canyon zurück nach Flagstaff. Auf der Route 66 geht es weiter in Richtung Westen. Einst als American Dream oder Motherroad bezeichnet, führte der Highway 66 ursprünglich auf 2500 Meilen von Chicago nach Los Angeles und erlaubte somit erstmalig beinahe den ganzen Kontinent auf der Strasse zu durchqueren. Heute ist die Route 66 eher etwas für Nostalgiker: zwar stellenweise mit viel Patina aber zu sehen gibt es ehrlicherweise nicht mehr viel.

Wir machen einen Mittagshalt in Seligman. Das Städtchen bietet einige wenige Shops vollgestopft mit kitschigen Souvenierstücken aus der guten alten Zeit und Diners im Stile der 1950 Jahre. Vor einem Geschäft, dessen angegrauter Inhaber im Cowboy Look gekleidet ist, aber eine moderne Waffe im Halfter trägt, stehen verschiedene Oldtimer. Beim Anblick der alten Autos und Tankstellensäulen kommt schon ein nostalgisches Gefühl auf. Als George den Ladenbesitzer in Anspielung auf seine Pistole fragt, ob dies eine unsichere Gegend sei, meint er: “Guns help to make this a safe town.“ Aha. Vermutlich NRA Mitglied.

Im Westside Lilo’s Café essen wir Wienerschnitzel und machen Bekanntschaft mit Harry, einem sehr mitteilungsbedürftigen Amerikaner. Unaufgefordert setzt er sich zu uns an den Tisch und teilt uns seine Lebensphilosophien mit. Er arbeitet mit “Problem-Kindern” um ihnen aus der künstlichen Konsumwelt herauszuhelfen und unterstützt sie, einen Lebenssinn zu finden indem er mit ihnen in die Natur geht. Guter Ansatz, nachdrücklich erzählt. Wir würden viele seiner Einsichten allerdings dem gesunden Menschenverstand zuordnen. Nachdem uns der Kopf von den vielen Erzählungen brummt, steigen wir in unser Schmuddel-RV und “cruisen” auf der Route 66 unserem Tagesziel, den Grand Canyon Caverns entgegen.