Am späten Nachmittag erreichen wir unseren Campingplatz in Hervey Bay. Einmal mehr liegt auch dieser Campground direkt am Strand und wir bekommen sogar einen Stellplatz an der Beach. Der Abend wird uns einen wunderbaren Sonnenuntergang am Meer bescheren. Unsere Jungs können ihre restliche Energie am Strand loswerden, während George und ich die nächsten zwei Tage planen. Wir werden zur grössten Sandinsel der Welt, Fraser Island, fahren. Da unser Wohnmobil nicht geländegängig ist, müssen wir uns für eine Mitfahrertour (tag-along), eine organisierte Tour im Bus oder das Mieten eines Geländewagens entscheiden. Roslyn vom Campingplatz ist sehr hilfsbereit, berät uns, ruft die einzelnen Anbieter an, holt Offerten ein und reserviert uns Plätze. Bei der ersten Option ist man Teil eines Jeepkonvois und fährt hinter einem erfahrenem Guide her. Diese dreitägige Variante klingt zwar nach Abenteuer und ist George’s Präferenz, wird aber hauptsächlich von partyfreudigen Backpackern gebucht, die dann auch für einen Teil der Unfälle verantwortlich seien. Wir entscheiden uns für eine organisierte, zweitägige Tour und hoffen auf diese Weise mit unseren drei Kindern, die Insel auf eine entspannte und informative Art erkunden zu können.

Am frühen Morgen geht es los. Die Fähre bringt uns zur Südspitze der 120km langen und 15km breiten Sandinsel. Peter, unser Guide, begrüsst uns und mit weiteren zwölf Teilnehmern besteigen wir den imposanten 4WD Bus. Das Abenteuer auf K’gari (was „Paradies“ in der Sprache der Aborigines bedeutet) beginnt. Wir fahren durch Eukalyptus Wälder, dichten Regenwald und werden dabei auf den sandigen, zum Teil sehr steilen Tracks so richtig durchgeschüttelt. Peter übertreibt nicht, als er sagt „Let’s do some Rock’n Roll“ und er rät uns, die Sicherheitsgurten anzuziehen. Überhaupt stellt er sich als wahrer Glückstreffer heraus. Während er den Bus geschickt und zentimetergenau über die anspruchsvolle Sandpiste lenkt, berichtet er eloquent über Fauna & Flora der Insel, die Vergangenheit der Holzindustrie und erweist sich bei der Geschichte von Captain Jack Fraser und dessen Ehefrau als begabter Erzähler. Wären wir diese Strecken selbst gefahren, hätten wir vermutlich sogar die Kinder um Ruhe bitten müssen, um uns auf’s Fahren zu konzentrieren.

Kurz gesagt ist Fraser Island eine üppig bewachsene Sandinsel mit riesigen Sandstränden und reichen Fischbeständen an der Ostseite sowie grossen Süsswasservorkommen im Inneren der Insel. Die Nahrungsbeschaffung war so einfach, dass die hier ansässigen Aborigines Stämme im Vergleich zum Festland grössere Leute hervorbrachten. Seit 1992 gehört sie zum UNESCO Weltnaturerbe. Davor wurden mehr als ein Jahrhundert lang grosse Gebiete abgeholzt. Begehrt war insbesondere sehr witterungsbeständiges Tropenhartholz, welches in die ganze Welt verkauft wurde. Erst nach einer erfolgreichen Klage am höchsten australischen Gericht zog sich die Holzindustrie zurück. Der letzte Baum wurde angeblich 1991 gefällt. Gewisse Teile der Insel wurden zum Glück nicht gerodet, da sie als Naherholungsgebiete der Familien der Holzarbeiter genutzt wurden. Ein solches besuchen wir und machen eine kurze Wanderung durch dichten Regenwald, um einige der wenigen noch bestehenden alte Baumriesen bestaunen zu können. Es ist erstaunlich, dass so grosse Bäume auf dem rein sandigen Untergrund Halt und genügend Nährstoffe finden.

Nächstes Naturhighlight ist der Lake McKenzie. Er ist einer der vielen Süsswasserseen der Insel. Sein Wasser ist kristallklar und der Sand strahlend weiss. Trotz etwas Regen und australisch-winterlichen Temperaturen hüpfen die grossen Jungs, allen voran Teo, ins Wasser. Nach dem Mittagessen gehts weiter auf dem 75 Mile Beach nach Norden. Es ist ein seltsames Gefühl auf diesem wunderbaren Sandstrand zu fahren. Peter klärt uns auf, dass dies ein offizieller Highway sei und bei fehlbarem Verhalten durchaus auch Bussen verteilt werden. Ich könnte mir eher vorstellen hier zu baden. Aufgrund einer gefährlichen Strömung und vielen Haien wird jedoch dringend davon abgeraten. Nach einer weiteren Rock’n Roll Partie und einem schönen Spaziergang auf einer Wanderdüne gelangen wir zum Lake Wabby. Die Kinder geniessen es, die Sanddünen runter zu rutschen und am Ufer Schiffsstege zu bauen. Lange wird es diesen See in dieser Form wohl nicht mehr geben, da die Düne jedes Jahr drei Meter in den See wandert. Der erste Tag unserer Fraser Island Erkundungstour ist zu Ende und müde fallen wir alle nach dem Abendessen ins Bett.

Am nächsten Morgen fahren wir erneut den 75 Mile Beach entlang, welcher nicht nur Strasse sondern auch Start- und Landebahn der Air Fraser Island ist. Das lasse ich mir nicht entgehen. Nachdem ich den Grand Canyon nicht aus der Luft habe bewundern können, besteigen Teo und ich das einmotorige Propellerflugzeug, um die Insel in einem 15 minütigen Rundflug zu entdecken. Es ist ein tolles Gefühl, dieses Naturwunder von oben zu sehen und auf dem schönen Sandstrand wieder heil zu landen. Weiter geht unsere Rüttelpartie im Allradbus zum Wrack Maheno. Peter erzählt uns auch dazu wieder eine spannende Geschichte. Zu unserem nächsten Ziel, den Champagne Pools, gelangen wir erst, nachdem Regen den Sand etwas verfestigt hat. Vor dem willkommenen Nass bleiben einige Autos stecken und müssen ausgegraben und herausgezogen werden. Ich glaube in dem Moment ist auch George froh, dass wir nicht selber gefahren sind. Ich und unsere halbstarken Buben hätten wohl nicht gereicht, einen Toyota Landcruiser aus dem Sand zu ziehen. Die Champagne Pools sind aus den Felsen gebildete Becken, welche mit Meerwasser gefüllt sind. Meine toughen Männer lassen sich auch dieses Bad nicht entgehen. Mir ist es definitiv zu kalt. Nachdem wir noch die Pinnacles, farbige Sandklippen bewundert und im Eli Creek gekneipt haben, geht unser Sandinsel Abenteuer langsam dem Ende zu. Müde und den Kopf voller spannender Geschichten rund um Fraser Island treten wir die Heimfahrt zu unserem Wohnmobil an.